Hintergrund ist der alte Streit um einen Windpark, der in den Naturpark Schlei auf Riesebyer Gemeindegebiet gebaut werden soll.
Bürgermeisterin Doris Rothe-Pöhls (SPD) hat als Teil dieser Gruppe Anträge von zwei Fraktionen ignoriert und entgegengesetzt der Regularien aus der Gemeindeordnung eine Tagesordnung ohne diese Anträge veröffentlicht. Als Begründung nannte sie die aktuelle Pandemielage und die veröffentlichten Inzidenzzahlen. Irritierend ist hierbei, dass sie den Vorschlägen der beiden stellvertretenden Bürgermeister Frank Frühling (WGR) und Bernd Mordhorst (CDU) zur Gemeindevertretersitzung im Dezember, diese entweder gänzlich abzusagen oder auf das Notwendigste zu beschränken und die Teilnehmer in einem Pairing-Verfahren zu halbieren, trotz damals höherer Inzidenzwerte nicht nachkam.
Die jetzige Vorgehensweise dagegen ist undemokratisch und darf allenfalls im Einvernehmen mit den antragstellenden Fraktionen vorgenommen werden. Landeserlasse mit Kann-Bestimmungen hebeln die Kommunalordnung nicht aus. Eine eigenmächtige Vorgehensweise in Pandemie-Zeiten durch Bürgermeister lässt die Heinrich-Böll-Stiftung in ihrem Januarnewsletter zumindest entfernt an den ungarischen Staatschefs Viktor Orban erinnern.
Entgegen der Beratung durch Amtsdirektor Bock bewertet die Kommunalaufsicht des Kreises Rendsburg-Eckernförde dieses Vorgehen folgendermaßen: „Die Erlasslage kann gesetzliche Normen natürlich nicht außer Kraft setzen und hier Rechte der gewählten Mandatsträgerinnen und Mandatsträger bzw. von Fraktionen unterbinden.“
Zudem ist die Bürgermeisterin den Vorwürfen der örtlichen Wählergemeinschaft ausgesetzt, sie und einige Gemeindevertreter würden die Pandemie ausnutzen, um Beschlüsse im Gemeinderat zu verhindern.
Besonders schwer wiegt der Fall um die Abgabe einer Stellungnahme der Gemeinde, zum 2. Entwurf des Landesentwicklungsplans (LEP), dessen Frist am 22. Februar 2021 abläuft. In wochenlanger Arbeit hatte die Wählergemeinschaft Rieseby (WGR) an dem Vorschlag einer Stellungnahme gearbeitet, welcher im Gemeinderat zur Abstimmung kommen sollte. Auch das Amt Schlei-Ostsee hatte eine Beschlussvorlage erarbeitet, in der es u.a. um die Ablehnung von Photovoltaik-Feldern auf der Halbinsel Schwansen geht. Verstreicht die Frist zur Abgabe der Stellungnahme Riesebys, schwindet der Einfluss der Gemeinde, beispielsweise das Biotopverbundsystem um Saxtorf sowie den Naturpark Schlei stärker im LEP zu gewichten. Rothe-Pöhls ignorierte dies ebenfalls und läuft aufgrund der Fristbindung Gefahr einer Einstweiligen Anordnung über das Oberverwaltungsgericht in Schleswig.
Währenddessen dürften die Vorhabenträger, welche entgegengesetzt dem Bürgerwillen sechs 200m hohe Windkraftanlagen in Rieseby errichten wollen, bereits auf das weitere Vorgehen der Gemeindevertretung warten. Sie bedrohen die Gemeinde ohnehin mit einer Normenkontrollklage und der Stillstand in der Planung, also eine Tagesordnung der Gemeinderatssitzung ohne die Tagesordnungspunkte des abgeschlossenen, faunistischen Gutachtens sowie der Beratung über das weitere Vorgehen, dürfte in ihrem Sinne sein. Die Gefahr des Vorwurfes einer Verhinderungsplanung sah das Amt Schlei-Ostsee bereits seit längerem und betonte dies stets in seinen Beratungen.
Dies alles ist der Riesebyer Bürgermeisterin bekannt. Der Vorwurf, sie würde wider besseres Wissen verfahren, steht demnach nicht unbegründet im Raum.
Doch es geht auch um weitere Anträge der WGR, wie beispielsweise die Kartierung alter Wanderwege und Kirchstiege in der Gemeinde Rieseby sowie Audioaufzeichnungen von Fachausschuss- und Gemeinderatssitzungen und einer damit verbundenen Änderung der Hauptsatzung. Letzterer Antrag liegt der Wählergemeinschaft besonders am Herzen, da es in der Vergangenheit häufiger Streit um Niederschriften gab, dem mit dem Aufzeichnen des gesprochenen Wortes vorgebeugt werden soll. Der Antrag stößt auf Widerstand bei anderen Fraktionen. Allerdings gehen die Riesebyer Grünen im Sinne dieses Antrages noch weiter und fordern sogar offizielle und damit öffentliche Sitzungen als Videokonferenz.
Die WGR macht deutlich, dass sie Verständnis für jede Person hat, die aufgrund der Pandemie Angst hat, an öffentlichen Sitzungen teilzunehmen. Dies sei allerdings kein Grund, die Arbeit der politischen Gemeinde einzuschränken und nur jene Punkte zu behandeln, die einer bestimmten Gruppe als wichtig erscheinen. Die Aufrechterhaltung der kommunalen Selbstverwaltung ist grade in schwierigen Zeiten unerlässlich.
Über die Kreiswählergemeinschaft (WGK), welche bemüht ist, die Interessen der Wählergemeinschaften im Kreis zu vertreten, wurde die Kommunalaufsicht kontaktiert. Diese empfiehlt in der Praxis, dass ein Bürgermeister versuchen sollte, mit der antragstellenden Fraktion ins Einvernehmen zu gelangen. Gelingt dies wie im Fall Rieseby nicht, steht der § 34 Abs. 4 der Gemeindeordnung.
Bürgermeisterin Rothe-Pöhls muss nachsteuern. Sie hat die Hinweise einiger Gemeindevertreter nicht ernstgenommen.