/Rieseby/ Das alte Gut im Außenbereich der Gemeinde Rieseby hat viel erlebt. So manch eine Gruselgeschichte hielt sich hartnäckig über die vielen Jahrzehnte. Einst lebten und arbeiteten viele Menschen in Saxtorf. Das Adelige Gut verfügt über 27 Zimmer und 80 doppelflügelige Fenster, die stets sauber gehalten werden sollten. So manch ein Dienstmädchen verrichtete nicht nur die Tätigkeiten des Putzens auf Saxtorf.

Das Gut Saxtorf verwahrloste im Laufe der letzten Jahrzehnte immer mehr: Ölfässer in Wassergräben, eingestürzte Scheunen, ungepflegte Außenanlage.

Unweit der Gutsanlage baute zu einer Zeit, wo es nicht mehr viele Exemplare des deutschen Wappenvogels gab, ein Seeadlerpaar seinen prächtigen Horst und zog über die Jahre 20 junge Adler groß. Der Gutsbesitzer von Saxtorf engagierte sich im Seeadlerschutz.

Schließlich begannen auf Schwansen Windkraftplanungen und schnell wurde so manch einem Großgrundbesitzer klar, dass es lediglich einige Feierabendpolitiker im jeweiligen Gemeinderat bedarf, um an der neuen Einnahmequelle partizipieren zu können.

Das Männchen des Brutpaares im Wald bei Saxtorf wurde vergiftet, Horstbäume verschwanden auf mysteriöse Art und Weise – Täter unbekannt! Nach einigen Jahren siedelte sich wieder ein Seeadlerpaar an. Das passte nicht jedem, denn ein Seeadler kann schnell dazu führen, dass ein Windpark im Umfeld des Brutplatzes aus Artenschutzgründen nicht genehmigt wird. Und so verfolgte man die Adler und sorgte dafür, dass sie bei ihren Brutvorbereitungen gestört werden.

Doch immer wieder wehrten sich Riesebyer Bürger gegen die Planungen, im Naturpark Schlei riesige Windkraftanlagen zu errichten.

Das Gutshaus mit Nebengebäuden und ehemaliger Parkanlage sollte nun verkauft werden. Alteingesessene Familien wurden auf umstrittene Art und Weise aus ihrer Heimat entfernt. Doch wer sollte das rotte Gut, dessen Herrenhaus in der Denkmalliste des Kreises RD-ECK unter der Nummer 872 geführt wird, kaufen wollen? Die angesetzten 5 Mio. € waren natürlich völlig überzogen. Doch es fand sich ein Investor mit Ideen, die er den Gemeindevertretern vorstellte. Die Kommunalpolitikerwaren waren zunächst aufgefordert, einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan zuzustimmen. Kritische Stimmen machten den Investor darauf aufmerksam, dass der Verkäufer Verträge für einen Windpark auf seinen Äckern abgeschlossen hat und die riesigen Propeller sich mit dem Vorhaben eines Traumferienparks kaum vertragen würden. Doch der Unternehmer sah darin keinen Grund, sein Vorhaben aufzugeben. Für die Gemeindevertreter war klar, dass jeder Nagel, der in das historische Gut geschlagen wird, nur hilfreich für das einst so prächtige Anwesen sein kann. Sie stimmten der Idee in auffälliger Mehrheit grundsätzlich zu.

In einer neuen Regionalplanung legte das Land Schleswig-Holstein so genannte Windvorrangflächen fest, auf denen vorrangig Platz für Windkraftanlagen vorgehalten werden soll. Hierzu gehört auch eine Fläche bei Saxtorf, um die seit vielen Jahren gestritten wird. Und so befindet sich das Bauvorhaben von riesigen 200m hohen Industrieanlagen im Naturpark jetzt im Genehmigungsverfahren. Die zuständige Genehmigungsbehörde muss nun entscheiden, ob sie eine Ausnahmegenehmigung zum Tötungsverbot erteilt, weil die Argumente der Naturschützer schwer wiegen. Für den Fall einer Ausnahmegenehmigung sind bereits Klagen angekündigt.

Aus Sicht kritischer Gemeindevertreter wäre also die Ablehnung des Windkraftvorhabens nicht nur gut für die Seeadler, sondern auch hilfreich für das geplante touristische Projekt auf Saxtorf.

Doch stellte sich heraus, dass das schleswig-holsteinische Innenministerium Probleme mit der Errichtung eines Traum-Feriendomizils in der Nähe zum geplanten Windpark hat und dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan eine Absage erteilt hat. Vielleicht bekam man in Kiel auch den Hinweis, dass es sich bei dem Bauantrag um eine mögliche Verhinderungsplanung der Windkraftgegner handelt, die mit Blick in die Judikatur große Chancen sahen, dadurch den Windpark mit ganz anderen Gründen als dem Artenschutz zu verhindern. Sei es drum, aus dem Millionenprojekt wird nichts und die klug ausgehandelten Verträge verhindern offen sichtlich, dass weiteres Bauerngerät angeschafft werden kann. Die vertriebenen Familien haben neue Herbergen gefunden und schauen möglicherweise mit etwas Schadenfreude auf die Absage des Bauvorhabens – wer könnte es ihnen verdenken?

Schließlich dachte man sich, vielleicht wäre es gut, wenn der Seeadler doch brüten darf und dadurch die Ferienanlage in traumhafter Naturlandschaft entstehen könnte. Jedoch beugte das Ministerium dieser Annahme vor und verwies auf das Windvorrangebiet, welches als solches deklariert bliebe, auch wenn der Artenschutz den Bau von Industrieanlagen verbieten würde.

Was für eine verzwickte Lage! Am Ende könnte es so kommen, dass die Seeadler den Windpark verhindern und die Windvorrangfläche ohne Windpark das Luxusetablissement verhindert. Man könnte es auch mit den Worten eines CDU-Ortsverbands in anderem Zusammenhang sagen: Wer zocken will, sollte besser in die Daddelhalle nach Barkelsby fahren – die feiert im Übrigen in Kürze ihr 20jähriges Bestehen!

Frank Dreves

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